Datenschutzwissen

Stellt die DSGVO das Schufa-Geschäftsmodell infrage?

Mit der neuen europäischen Datenschutzverordnung sollen die Rechte von Verbrauchern gestärkt werden. Wie beeinflusst die DSGVO das Geschäftsmodell der Schufa?

Ob Baukredit, Fahrzeuganschaffung auf Leasingbasis oder der Abschluss eines banalen Mobilfunkvertrags: Die meisten Unternehmen, die ihren Kunden wertvolle Dinge gegen monatliche Ratenzahlung zur Verfügung stellen, holen vor der Unterzeichnung eines Vertrags eine Schufa-Auskunft ein – also ein Kreditwürdigkeits-Zertifikat, das Aufschluss über das Zahlungsverhalten und die finanzielle Gesamtsituation des Antragstellers gibt. Oftmals mit unerwartetem Ergebnis für den Betroffenen, der sich eigentlich zahlungskräftig und seriös wähnte.

Bisher war zudem Usus, dass der Verbraucher selbst gegen Gebühr seinen aktuellen „Score“ einholen konnte, um etwa eine peinliche Szene vor dem Finanzdienstleister zu vermeiden. Wie dieser Score zustande kam und welche Informationen dabei mit welcher Gewichtung auf welche Weise verarbeitet wurden, blieb Betriebsgeheimnis, was sicherlich viele Verbraucher empört und verärgert hat. Dieses Prozedere scheint so gar nicht dem zu entsprechen, was die Urheber der DSGVO beabsichtigt haben – denn in einer Schufa-Auskunft geht es natürlich um höchst sensible personenbezogene Daten.

Geschäftsgeheimnis versus Transparenz

Im Kern sorgt die DSGVO für Schutz und Transparenz: Der Einzelne hat ein Recht darauf, zu erfahren, welche Daten über ihn gespeichert werden, zu welchem Zweck dies geschieht und wie lange die Daten gespeichert werden. Wie es sich mit einer Auskunftei verhält, ist in Art. 15, Abs. 1 lit. h DSGVO geregelt. Dort ist zu lesen, dass Betroffene ein Recht darauf haben, bei automatisierten Entscheidungen, die ihre Person betreffen, zu erfahren, welche logischen Prozesse zu den Entscheidungen führen.

Zusätzlich sagt Art. 22 Abs. 3, dass jeder Betroffene zum angewendeten Verfahren Stellung beziehen und es im Zweifelsfall anfechten kann. Das setzt im Fall der Schufa natürlich voraus, dass die Betroffenen wissen, wie ein Schufa-Score überhaupt zustande kommt. Doch von Schufa & Co. kommt dazu jetzt ordentlich Gegenwind. Verständlicherweise – denn schließlich ist der Algorithmus zur Berechnung der Verbraucher-Scores teuer erworbenes Betriebsgeheimnis, eine Offenlegung würde das Geschäftsmodell unter Umständen nachhaltig negativ beeinflussen oder gar zunichtemachen. Doch so weit wird es wohl nicht kommen.

Um die Rechte aus Art. 15 und 22 ausüben zu können, wird es für Verbraucher nicht nötig sein, die exakte Scoringformel zu kennen. Es genügt ja, ausreichend Informationen zu haben, um die Bewertung nachzuvollziehen und einschätzen zu können, ob sich eventuell ein Fehler eingeschlichen hat. Ob eventuell ein längst getilgter Kredit noch „mitscored“, ein Leasingvertrag vielleicht schon beendet ist oder ein altes Konto noch versehentlich auftaucht. Mit diesen Informationen kann man reagieren und Korrekturen einfordern.

Juristische Klärung wird sehr lange brauchen

Bislang ist absolut offen, ob und wie die Schufa und andere Auskunfteien zu Kompromissen bereit sein werden und an Lösungsvorschlägen mitarbeiten wollen. Noch berufen sich die Schufa-Verantwortlichen auf eine Nichtanwendbarkeit von Art. 15 auf ihr Geschäftsmodell. Als Begründung wird angeführt, dass ja nicht die Schufa Kreditentscheidungen trifft. Diese Entscheidungen fallen ausschließlich bei den Auftraggebern des Schufa-Dienstes.

Insofern sei der Terminus „automatisierte Entscheidung“ mit Blick auf die bei der Schufa verarbeiteten Daten falsch verwendet – so die Argumentation. Folglich bestehe auch keine Pflicht, Auskünfte zu erteilen. Des Weiteren führt die Schufa an, dass es sich beim Scoring lediglich um eine Empfehlung handle, nicht um eine Entscheidung. Der Fall ist verzwickt – folglich wird er in den kommenden Monaten und Jahren Gegenstand zahlreicher gerichtlicher Verfahren werden.

Berechtigt scheinen die Bedenken der Auskunfteien, ihre Dienstleistung könne durch zu viel Transparenz durchsichtig und kopierbar werden. Und nicht minder gewichtig ist der Anspruch von Verbrauchern zu bewerten, derlei sensible Daten besser geschützt zu wissen und vor allem Auskunft über die Verwendung zu erhalten. Somit ist mit Spannung zu erwarten, wie die Gerichte in den ersten „Schufa-Verfahren“ entscheiden werden.

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