Datenschutzwissen

Verbraucherschützer und die Frage nach unbeauftragten Klagen vor Gericht

Datenschutzverstöße landen immer wieder bei Verbraucherschützern. Es haben sich schon einige Gerichte mit der Frage beschäftigt, ob Verbraucherschutzorganisationen gegen Datenschutz-Verstöße vor Gericht ziehen dürfen, auch wenn sie nicht konkret beauftragt wurden. Dazu gibt es derzeit leider noch kein Urteil, sondern eine weitere Verzögerung, da sich der BGH erneut an die EU-Richter wendet. Das wird so manches aktuelle Verfahren weiter auf die lange Bank schieben.

Verbraucherschutzorganisationen standen schon mehrfach mit dem Anliegen vor Richtern, beispielsweise gegen große Internetplattformen klagen zu dürfen, ohne von Betroffenen dazu beauftragt worden zu sein. Der Bundesgerichtshof (BGH) hat aktuell den Europäischen Gerichtshof ein weiteres Mal um Schützenhilfe gebeten, um zu einer rechtsverbindlichen Entscheidung zu kommen. Konkret ging es um ein Verfahren, in dem geprüft werden sollte, ob der Bundesverband der Verbraucherzentralen gegen Facebook vor Gericht ziehen darf, um dort die Rechte von Facebook-Nutzern zu vertreten. Allerdings ohne dass dazu ein Auftrag eines etwaig Geschädigten vorlag. Bei einer ersten Anfrage des BGH an das höchste europäische Gericht schienen die dortigen Richter durch die DSGVO gegen eine solche Klage nichts einzuwenden haben. Der EuGH hatte sich eindeutig dafür ausgesprochen, dass ein Verbraucherschutzverband sehr wohl klageberechtigt sei, auch wenn keine einzelne Beauftragung vorliege. Als Begründung hatten die Richter angeführt, dass es völlig ausreichend ist, wenn der Verband sich mit Rechtsverstößen beschäftigt, denen „identifizierbare natürliche Personen“ ausgesetzt sind, selbst wenn sie von der Praxis keine Kenntnis haben. Hieße also, die Verbraucherschützer können immer pauschal klagen, wenn große Unternehmen zum Nachteil Ihrer Kunden gegen die DSGVO verstoßen.

Dies beurteilte der Bundesgerichtshof allerding völlig anders. Dessen Zivilsenat folgte der Rechtsauffassung des EuGH nicht. Das veranlasste den BGH, sich erneut an den EuGH zu wenden. Denn inzwischen sind eine Vielzahl von Verfahren aufgelaufen, die sich mit dem Datenmissbrauch von Meta, dem Mutterkonzern von Facebook, befassen. Es geht dabei um unzählige Einzelfälle, die bis ins Jahr 2012 zurückdatieren. Damals präsentierte Facebook auf seiner Plattform beliebte Spiele, die von Drittanbietern zur Verfügung gestellt wurden und von Facebook-Usern gratis gespielt werden durften. Im Gegenzug mussten die Spielwilligen stillschweigend zustimmen, dass der Spieleentwickler vollen Zugriff auf die persönlichen Daten im Facebookprofil des Users bekommt. Einer der betroffenen Meta-User wurde sogar darüber informiert, dass über sein Profil Posts und Fotos versandt würden, was aus datenschutzrechtlicher Sicht gegen alle Prinzipien der informationellen Selbstbestimmung verstößt.

Fazit: Verbraucherschutzorganisationen spielen eine wichtige Rolle im fairen Zusammenspiel zwischen Konzernen und deren Kunden. Daher ist es kaum zu verstehen, dass Verbraucherschützer, deren ureigenstes Interesse es ist, Verbraucher vor allzu dreisten Einflussnahmen durch Konzerne zu schützen, gegen solche Praktiken nicht ohne Beauftragung klagen dürfen. Und für die vorliegenden Fälle ist es ärgerlich, dass über die erneute „Nachfrageschleife“ über den EuGH diese Verfahren wohl weiter in die Länge gezogen werden. So wird es immer schwieriger, Konzerne wie Meta zu mehr Datenschutz-Disziplin zu erziehen.

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