Threads von Meta: noch kein EU-Markteintritt in Sicht
Threads heißt die von vielen aufgeregt erwartete Antwort auf Twitter aus den Software-Schmieden des Meta-Konzerns. Allerdings zeigen die seit Jahren immensen Probleme von Facebook mit dem europäischen Datenschutzrecht, das Meta-Produkte es auch künftig nicht einfacher haben werden, in der EU erfolgreich zu sein.
Twitter-Konkurrent: von vielen ersehnt
Im Juli zeigte sich, dass Threads, das von Instagram betrieben wird, offenbar weltweit auf große Begeisterung stieß. Blitzschnell hatten nach Meta-Angaben 100 Millionen User den Insta-Ableger downgeloadet, allerdings nicht in der EU. Zum Vergleich: Der Konkurrent Twitter soll aktuell über 300 Millionen Nutzer haben. Den dortigen Umbruch unter der Führung von Elon Musk will sich Zuckerberg zunutze machen und hat dafür offenbar auch ehemalige Twitter-Spezialisten eingestellt, die in großer Zahl von Musk entlassen worden waren. Verglichen mit Twitter soll das Anmelden bei Threads noch einfacher sein. Es gib bisher nur eine algorithmische, keine chronologische Timeline. Die Suchfunktion steckt noch in den Kinderschuhen, und wegen Problemen mit Spambots wurden kürzlich strengere Ratelimits eingeführt – typische Startschwierigkeiten einer App, die einem bewährten Dienst Konkurrenz machen soll.
DMA sorgt für Startschwierigkeiten in der EU
Doch was verbirgt sich hinter den sogenannten regulatorischen Hürden, die einen Start von Threads in der EU bisher verhinderten? Die EU hat im Rahmen des Digital Markets Act (DMA) sogenannte Gatekeeper definiert, Konzerne, die in den vergangenen drei Geschäftsjahren einen Jahresumsatz in der EU von mindestens 7,5 Milliarden Euro erzielten oder einen Börsenwert von mindestens 75 Milliarden Euro aufweisen sowie mehr als 45 Millionen Endkunden bzw. 100 Millionen gewerbliche Kunden als Nutzer haben. Das trifft auf Meta zu. Da für den US-Konzern das Datensammeln zum Geschäftsmodell gehört, liegt auch Threads unweigerlich auf Kollisionskurs zum DMA. Schon die übliche Praxis bei der Kontoeröffnung und der damit obligatorische Datenaustausch zwischen Instagram und Threads lässt eine Genehmigung durch die EU-Datenschutzbehörden grundsätzlich nicht zu.
Noch hat sich der Meta-Konzern nicht offiziell dazu geäußert, wie er sich eine Lancierung der neuen App in den EU-Staaten vorstellt. Die irische Data Protection Commission (DPC), die für den Europasitz des Digitalgiganten zuständig ist, will erfahren haben, dass Meta die App bis auf Weiteres nur in Großbritannien, nicht aber in der Europäischen Union veröffentlicht. Erst vor wenigen Tagen war Meta vom Europäischen Gerichtshof (EuGH) verboten worden, Nutzerdaten ohne ausdrückliche Zustimmung über mehrere Dienste hinweg zu verknüpfen. Das wäre bei Threads der Standard – ein zu hohes Risiko also, sich gleich zum Start der App das nächste Verbot einzuhandeln. Da wurde bestimmt auf den Branchen-Riesen Google geblickt. Der Suchmaschinen-Konzern hat – ebenfalls aus Datenschutzgründen – erst kürzlich die Einführung seiner Chat-GPT-Pendants „Bard“ in der EU verschoben. Auch bei Google fürchtet man inzwischen die strengen Bußgelder, die in der EU verhängt werden, wenn Datenmissbrauch festgestellt wird.
Das „Netz“ offeriert eigene, fragwürdige Wege
Selbstverständlich wimmelt es im Netz von Tipps und Tricks, sich den „verbotenen“ Messenger-Dienst Threads dennoch zugänglich zu machen. Bei Apple-Geräten beispielsweise müsste im Appstore einmalig das Land gewechselt werden, um einen ungehinderten Download etwa auf dem US-Markt zu bewerkstelligen. Für solche Praktiken drohen allerdings Account-Sperren durch Apple. Ein anderes Problem: Zurzeit häufen sich die Warnungen vor Fake-Apps mit dem Namen Threads. Es mutet schon absurd an, dass Meta auf diesem Weg Fake-Anbietern Tore öffnet, die in puncto Datensicherheit vermutlich auf noch viel niedrigerem Niveau unterwegs sind, als der US-Konzern selbst.
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