Datenschutzwissen

Oberste Datenschützerin Deutschlands neu gewählt (Kopie)

Nach fünf Jahren Amtszeit wurde Professor Ulrich Kelber nicht mehr für eine weitere Amtszeit vorgeschlagen. Das Votum des Bundestags fiel am 16. Mai auf Prof. Dr. Louisa Specht-Riemenschneider, die keiner Partei angehört. Vorausgegangen war der Wahl ein langes Zerren um die Personalie Kelber.

Wie bedeutsam des Amt Deutschlands obersten Datenschützers ist, zeigt, die Tatsache, dass der Bundestag über die Entsendung eines geeigneten Kandidaten oder einer geeigneten Kandidatin entscheidet.

Nach dem die Politikerin vom Bundestag vorgeschlagen worden war, erfolgte die Abstimmung am 16. Mai. Die 39-jährige Professorin erhielt eine deutliche Mehrheit von 476 Stimmen bei 100 Gegenstimmen und 70 Enthaltungen. Specht-Riemenschneider wird damit die bisher jüngste Amtsinhaberin und die zweite Frau auf dem 1978 geschaffenen Posten. Ihre Amtszeit beträgt fünf Jahre. Dr. Louisa Specht-Riemenschneider hat einen Lehrstuhl für Bürgerliches Recht an der Bonner Universität inne. Sie ist überdies anerkannte Expertin in den Rechtsbereichen Urheber- und Datenschutzrecht.

Monatelang zog sich die Diskussion um eine zweite Amtszeit von Professor Ulrich Kelber hin, der für eine Verlängerung durchaus zur Verfügung gestanden hätte.

War Kelber zu aggressiv gegenüber hohen Behörden?

Seit Dezember 2023 hatte Kelber seine Behörde kommissarisch geleitet, da seine Amtszeit bereits dann ausgelaufen war. In verschiedenen Medien wurde darüber spekuliert, warum Kelber für eine zweite Amtsperiode nicht infrage kam. In seiner Amtszeit machte er immer wieder mit „spektakulären“ Vorstößen von sich reden. Der überzeugte Datenschützer legte sich unter anderem offen mit dem Bundespresseamt an, indem er eine Einstellung der amtseigenen Facebook-Seite anmahnte, die aus Datenschutzgründen unzulässig war. Darüber hinaus stellte er mehrfach die elektronische Patientenakte, ein Prestige-Projekt von Gesundheitsminister Lauterbach, an den Datenschutz-Pranger. Auch der BND musste sich unangenehmen Fragen stellen lassen, mit denen Kelber Überwachungsmethoden des Nachrichtendienstes im Ausland überprüfen ließ.

Im Bayerischen Rundfunk äußerte sich Kelber kurz vor der Wahl am 16. Mai: „Ich halte eine Entscheidung für notwendig, weil es für das Amt und die Behörde nicht gut ist, wenn es keine Klarheit gibt. Das kann die Unabhängigkeit des Amtes beschädigen.“

Und als eine der Kernaufgaben dieses Amtes nennen Kelbers Befürworter seine Praxis, vor allem auch Bundesbehörden datenschutzrechtlich auf den Zahn zu fühlen. So sei es völlig unverständlich, dass eine zweite Amtszeit politisch verhindert wird, da Kelber ja im Prinzip nichts anderes gemacht habe, als seine Aufgabe vollumfänglich und gewissenhaft zu erfüllen. Offenbar wurde seitens der Fraktionen, die berechtigt waren, eine neue Kandidatin / einen neuen Kandidaten vorzuschlagen, auch sehr undurchsichtig kommuniziert.

Kontrolle von US-Digital-Konzernen als Kernaufgabe

Nach der Neuwahl ließ die Fraktion der GRÜNEN in einer Pressemitteilung verlauten, was nach Ansicht der Partei die oberste Pflicht im Datenschutz sein sollte: „Um einen effektiven Grundrechtsschutz sicherstellen zu können, bedarf es guter gesetzlicher Grundlagen. Genauso elementar sind gut ausgestattete Aufsichtsbehörden. Sie müssen in der Lage sein, mit den Tech-Giganten dieser Welt auf Augenhöhe zu agieren und mögliche Verstöße sanktionieren zu können. Hierfür werden wir auch in Zukunft sorgen. Von der Bundesbeauftragten erwarten wir uns neue Impulse für einen modernen Datenschutz by design, der Grundrechte schützt und Vertrauen in der digitalen Welt schafft. Nur so ist langfristig Akzeptanz für immer neue digitale Anwendungen auch für den modernen Staat zu erreichen. Bedeutend ist auch eine verständliche öffentliche Kommunikation, um das Bewusstsein für die Wichtigkeit des Datenschutzes in der breiten Bevölkerung zu stärken.“

Das BfDI hat allerdings grundsätzlich beide Aufgaben im gleichen Maße zu erfüllen, fungiert also als offizielle Aufsichtsbehörde auch allen Bundesbehörden gegenüber. Es bleibt abzuwarten, ob Deutschlands oberste Datenschützerin als Parteilose den Kurs ihres Vorgängers weiter verfolgt und auch mit strengen Augen über regierungsnahe Behörden und Institutionen wacht. Und ebenso bleibt abzuwarten, ob es der neuen BfDI-Chefin gelingt, den US-IT-Konzernen künftig weitgehendere Datenschutz-Zugeständnisse abzutrotzen, als diese bisher zu machen gewillt waren.

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