Internetunternehmen ist es künftig untersagt, alle Nutzerdaten ohne Einschränkungen zu verarbeiten
Der österreichische Datenschutzaktivist Maximilian Schrems hat erneut für Aufsehen gesorgt – diesmal mit einer eigenen Klage. Diese führte zu einem Urteil des Europäischen Gerichtshofs (EuGH), das besagt, dass der Digitalkonzern Meta über Facebook nicht berechtigt ist, sämtliche persönlichen Daten zu verarbeiten.
Facebook-Werbung auf dem Prüfstand
Ein Urteil des Europäischen Gerichtshofs (EuGH) in der Rechtssache C-446/21 lässt sich mit der passenden Überschrift zusammenfassen:
„Ein soziales Online-Netzwerk wie Facebook darf nicht sämtliche personenbezogenen Daten, die es für Zwecke der zielgerichteten Werbung erhalten hat, zeitlich unbegrenzt und ohne Unterscheidung nach ihrer Art verwenden.“
Wie kam es zu dem Urteil? Datenschutz-Ikone Maximilian Schrems machte öffentlich bekannt, wie es um seine sexuellen Neigungen bestellt ist. Obwohl diese nach der Aktion bekannt waren, störte sich der Jurist daran, dass die zu Meta gehörende Social-Media-Plattfirm Facebook über die eigene Seite sowie auf Seiten anderer Anbieter durch Cookies, Plug-ins und Pixel Schrems sexuelle Präferenzen erhoben und verarbeitet hat – und dies zum Zwecke zielgerichteter Werbung an ihn. Wenn man zwischen den Zeilen liest, muss sich Schrems also über einschlägige Werbebanner empört haben.
Das Gericht stellte sich die Frage, „ob Herr Schrems ihn betreffende sensible personenbezogene Daten dadurch offensichtlich öffentlich gemacht hat, dass er bei einer öffentlichen Podiumsdiskussion die Tatsache, dass er homosexuell sei, mitgeteilt und somit die Verarbeitung dieser Daten gemäß der Datenschutz-Grundverordnung (DSGVO) genehmigt hat.“ Ein Fall mit juristischer Sprengkraft, der die Daten-Praxis des Mata-Konzerns gänzlich infrage stellt.
Unterschiedliche „Öffentlichkeits-Niveaus“
Mit dem Fall beschäftigten sich die obersten Richter Österreichs, die bei den EU-Kollegen des Europäischen Gerichtshofs um Schützenhilfe baten. Der EuGH erkannte zunächst, dass der DSGVO-Grundsatz der Datenminimierung einer Nutzung sämtlicher personenbezogener Daten durch den Betreiber einer Online-Plattform entgegensteht. Dann wollte er es nicht ausschließen, dass Schrems selbst seine sexuelle Orientierung öffentlich gemacht hat. Das soll aber der österreichische Oberste Gerichtshof beurteilen. Das klingt für Laien recht schwurbelig, eine klare Aussage oder Handhabungsempfehlung durch Europas höchste Richter war da nicht zu erkennen.
Nun hat der EuGH aber aufklärend nachgelegt: „Der Umstand, dass eine betroffene Person Daten zu ihrer sexuellen Orientierung offensichtlich öffentlich gemacht hat, führt dazu, dass diese Daten unter Einhaltung der Vorschriften der DSGVO verarbeitet werden können. Dieser Umstand allein berechtigt jedoch nicht, andere personenbezogene Daten zu verarbeiten, die sich auf die sexuelle Orientierung dieser Person beziehen.“
Unterm Strich bedeutet das, dass, auch wenn jemand in der Öffentlichkeit persönliche Daten preisgibt, damit lange noch nicht soziale Netzwerke die Datenmaschinerie in Gang setzen dürfen, um mit diesen Daten den bestmöglichen Gewinn zu erzielen. Das gilt für die Verarbeitung dieser Daten im Allgemeinen wie auch die Vermischung dieser sensiblen Daten mit weniger brisanten, die bereits verarbeitet wurden.
Konsequente Löschung gefordert
Die Datenschützer der Gruppierung NOYB (None Of Your Business) streben eine ganze Reihe solcher Gerichtsverfahren an. Ob die Aktivisten sich an dem Datensammeln und der interessenbezogenen Facebook-Werbung gestoßen hätten, wäre es um ein unverfängliches Hobby oder seine sicher nicht unumstrittene Tätigkeit als Aktivist gegangen, steht auf einem anderen Blatt. Schrems lässt sich von einer Nachrichtenagentur mit dem zufriedenen Statement zitieren: „Die Unternehmen müssen sich jetzt ein Lösch-Konzept für die von ihnen gesammelten Daten überlegen und darüber nachdenken, welche Daten, sie in den vergangenen Jahren gesammelt haben.“ Damit steht den betroffenen Tech-Giganten ein ziemlich arbeitsintensives Projekt ins Haus, vor allem wenn man bedenkt, dass viele Schrems und seiner Intention folgen könnten.
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