Datensicherheit im Internet

Abmahner vor Gericht: Google Fonts-Affäre geht in die nächste Runde

Ein Berliner Rechtsanwalt und sein Mandant sind ins Visier der Hauptstadt-Staatsanwaltschaft geraten. Ihnen drohen Verfahren wegen Abmahnbetrugs im Zusammenhang mit Google Fonts.

Dieser ist angeblich Repräsentant der „IG Datenschutz“ und war beteiligt an über 2000 Abmahnungen in seinem Namen. Laut Staatsanwaltschaft bestand der Verdacht des versuchten Abmahnbetrugs und der versuchten Erpressung. Es geht insgesamt um über 2000 Versuche, unbedarfte Einzelpersonen abzumahnen.

Im Jahr 2022 war die Abmahnwelle in Sachen Google Fonts einmal mehr ein großer Aufreger – Abmahnkanzleien sorgen immer wieder für verständnisloses Kopfschütteln und eine tiefe Abneigung gegen ihre miesen Praktiken. Wieder einmal hatten solche Scharlatane eine Methode für sich entdeckt, in großem Stil die Betreiber von Webseiten abzumahnen und sie mit Geldforderungen zu konfrontieren. Google Fonts steht für ein interaktives Verzeichnis mit 1400 Schriftarten, die neben anderen grafischen Elementen das Erscheinungsbild einer Webseite prägen. Webseiten, die Google Fonts nutzen, übermitteln die IP-Adresse eines Besuchers ohne dessen Einwilligung auf die Google Server, die in den USA stehen. Das geschieht, technisch gesehen, mit jeder IP-Adresse eines Besuchers auf Webseiten mit eingebundenen Google Fonts. Und das natürlich ganz ohne dessen Einverständniserklärung oder ein entsprechendes Bewusstsein darüber, dass es zu diesem Datenaustausch kommt.

Die Staatsanwaltschaft Berlin wirft den Abmahnern vor, Betreiber von privaten und kleingewerblichen Webseiten mit Abmahnungen erpresst zu haben. Gegen eine Zahlung von 170 Euro sei ihnen angeboten worden, von einem zivilrechtlichen Verfahren abzusehen, wenn die Zahlung getätigt werde. Dabei, so die Argumentation der Richter, wussten die Abmahner, dass „für die Angeschriebenen kein Anlass für einen entsprechenden Vergleich bestand, da sie die angeblichen Forderungen gerichtlich nicht hätten durchsetzen können. Die Androhung eines Gerichtsverfahrens soll daher tatsächlich nur mit dem Ziel erfolgt sein, die Vergleichsbereitschaft zu wecken.“ Darin sehen die Ankläger einen eindeutigen Versuch der Erpressung, fernab von einer Absicht, sich rechtlich Gehör zu verschaffen.

Einen zusätzlichen Anklagepunkt liefert die Tatsache, dass durch die Abmahnkanzlei eine Software entwickelt worden war, um die betreffenden Webseiten automatisiert zu identifizieren. Damit, so die Ansicht des Gerichts, wurde ein persönlicher Besuch der betreffenden Webseite lediglich vorgetäuscht, ohne dass tatsächlich eine Privatperson durch den Besuch in ihren Datenschutzrechten beeinträchtigt worden sei. Der „Besuch“ einer Software sei folglich keiner, bei dem Persönlichkeitsrechte zur Geltung kommen. Vielmehr beweist die Praxis mit der Software eindeutig, dass es hier lediglich darum ging, sich durch Vortäuschen juristisch belangloser Tatsachen zu bereichern.

Über 400 Betroffene hatten gegen die Bescheide der Abmahner geklagt und so das Interesse der Staatsanwaltschaft Berlin geweckt. Darüber hinaus hat sich die Berliner Staatsanwaltschaft die Konten der Abmahner angesehen und ermittelt, dass etwa 2000 der abgemahnten Personen den Vergleich angenommen und die 170 Euro bezahlt haben, um das angedrohte Zivilverfahren auf diese Weise abzuwenden. Dieser „Erfolg“ des fragwürdigen Abmahn-Projekts zeigt deutlich auf, dass hier versucht worden war, aus Verunsicherung Einzelner Kapitel zu schlagen.

Jede Menge Akten und Datenträger sichergestellt

Die Ermittler haben in den Geschäftsräumen der Kanzlei jede Menge Beweismittel vorgefunden, die nun nach und nach ausgewertet werden. Ebenso wurden 346000 Euro – diese Summe hatten die gutgläubigen Geschädigten aus der Sorge vor dem Zivilprozess an die Abmahner überwiesen – eingefroren. Von der Auswertung der Daten verspricht sich die Staatsanwaltschaft eine weitere Klärung, um gegen die Beschuldigten schlagkräftige Beweise zusammenzustellen. Kommt es zur Verurteilung der Abmahner, müssen diese mit hohen Strafen rechnen. Sollte es zu einer Klage wegen Erpressung kommen, kann dies für die Abmahner durchaus unangenehm werden, sogar Haftstrafen sind laut Gesetz möglich. Bei einer „Vermögensbeschädigung durch Nötigung“ ist eine hohe Geldstrafe das Mindeste, das zu erwarten ist.

Fazit: Der Fall wird dazu beitragen, Abmahnern künftig ihr schmutziges Geschäft weiter zu erschweren. Wer künftig eine zweifelhafte Abmahnung im Briefkasten hat, sollte besonnen reagieren und keine Unterschriften, geschweige denn Zahlungen ausführen. Vielmehr sollte ein solches Schreiben juristisch geprüft werden, und auch eine Klage gegen die oder den Abmahner im Anschluss sollte in Erwägung gezogen werden.

Zurück

Hier bloggt Ihre Redaktion.