Datenschutz im Betrieb

Der Europäische Gerichtshof (EuGH) bestätigt Klagen von Verbänden auch ohne Auftrag Betroffener

Skurrile Prozessverlängerung: Eine Datenschutzklage führte zur sofortigen Abhilfe durch die Beklagte. Dennoch wurde der Prozess fortgesetzt, weil die Richter sich generell mit Klagebefugnissen von Verbänden beschäftigten. Das ist nun geschehen – und geht einher mit einer Stärkung der Verbraucherrechte durch den Europäischen Gerichtshof (EuGH). Die fraglichen Klagebefugnisse wurden nämlich aktuell erweitert.

Verbandsklagerecht gestärkt

Bereits im Jahr 2012 kam es zu einer Datenschutz-Klage des Bundesverbands der Verbraucherzentralen (vzbv) gegen Facebook (heute Meta-Konzern). Im Mittelpunkt stand das App Center von Facebook. Die von der vzbv erkannten Probleme wurden im Lauf der Zeit vom Social-Media-Konzern behoben. Doch weil hier ein Verband geklagt hatte, wollte die angerufene Justiz die Sache nicht einfach damit bewenden lassen. Denn 2015 hatte der Deutsche Bundestag grünes Licht für eine Ausweitung des Verbandsklagerechts für Verbraucherschutzverbände auf Datenschutzverstöße gegeben. Das bedeutet: Die betroffenen Verbände dürfen auch dann Unternehmen wegen Datenschutzvergehen anklagen, wenn sie nicht explizit von Verbrauchern dazu beauftragt worden sind.

Ist das Verbandsklagerecht auch DSGVO-konform?

Als im Jahr 2018 die Datenschutz-Grundverordnung in den EU-Staaten eingeführt wurde, beschäftigten sich die Richter des Bundesgerichtshofs (BGH) mit der generellen Frage des Verbandsklagerechts und dessen Konformität mit der DSGVO. Aus gutem Grund: Die DSGVO erlaubt an sich nur Klagen von Verbänden, wenn diese von Verbrauchern mit Hilfeleistung beauftragt werden. Ist dies nicht der Fall, steht ihnen lediglich das Mittel zur Verfügung, eine Beschwerde bei der infrage kommenden Datenschutzaufsichtsbehörde einzureichen. Der BGH hatte also großes Interesse an einer Klärung des Problems: Ist es statthaft, dass das Verbandsklagerecht Grenzen überschreitet, die die Datenschutzgrundverordnung setzt?

Der Europäische Gerichtshof bejaht die Klagebefugnisse

Der Bundesgerichtshof trat im April 2022 an den Europäischen Gerichtshof heran, um diese Frage final zu beantworten. Dieser wiederum bestätigte in seinem Urteil: Die Klagebefugnis für Verbände endet nicht bei den Aufsichtsbehörden, sondern kann auch ohne Beauftragung von Verbrauchern wahrgenommen werden. Das Urteil beschränkt sich auf Datenschutzprobleme bei der Datenverarbeitung. In der Facebook-Klage des vzbv werden aber auch vernachlässigte Informationspflichten thematisiert. Nachdem dieser Sachverhalt beim BGH geprüft wurde, legte das Gericht den Fall ein weiteres Mal dem EuGH vor. Auch dieses Mal fiel die Entscheidung der EU-Richter pro Verbraucherschutz aus, im Wortlaut heißt es:

Die Mitgliedstaaten können vorsehen, dass diese Einrichtungen, Organisationen oder Verbände das Recht haben, unabhängig vom Auftrag einer betroffenen Person in dem betreffenden Mitgliedstaat eine eigene Beschwerde einzulegen, und das Recht auf einen wirksamen gerichtlichen Rechtsbehelf haben sollten, wenn sie Grund zu der Annahme haben, dass die Rechte der betroffenen Person infolge einer nicht im Einklang mit dieser Verordnung stehenden Verarbeitung verletzt worden sind. Diesen Einrichtungen, Organisationen oder Verbänden kann unabhängig vom Auftrag einer betroffenen Person nicht gestattet werden, im Namen einer betroffenen Person Schadenersatz zu verlangen.“ (Az.: C-757/22)

Die Klarstellung aus Luxemburg wird von Verbraucherschutzverbänden gefeiert. Nun ist es also amtlich: Die Verbände könnten direkt gegen Konzerne wie Meta vor Gericht ziehen, auch wenn sie nicht von Verbrauchern mandatiert worden sind.

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