Datenschutz im Betrieb

Zwei Drittel der deutschen Unternehmen plädieren für eine Entspannung der Datenschutzbestimmungen

Wann immer der Digitalverband Bitkom bei Unternehmen Befragungen durchführt, fördert dies zutage, wie die Wirtschaft in puncto Digitalisierung wirklich tickt. Die jüngste Erfassung von Stimmen aus der Wirtschaft ergab nun: Sechs Jahre nach Inkrafttreten der Datenschutz-Grundverordnung (DSGVO) sind viele deutsche Betriebe unzufrieden und fühlen sich überfordert. Als eine Option, dieser Unzufriedenheit entgegenzuwirken, wurde von einigen Unternehmen der bewusste Einsatz von KI-Konzepten angeführt.

Für knapp 70 Prozent der Befragten ist Datenschutz zu arbeitsintensiv

In der Befragung kamen die Manager von Firmen zu Wort, die mindestens 20 Mitarbeiter beschäftigen. Das vielleicht wichtigste Ergebnis: 9 von 10 Firmen (94 Prozent) halten den Aufwand für betrieblichen Datenschutz für zu hoch. Bei zwei Dritteln (63 Prozent) hat dieser Aufwand 2023 sogar noch zugenommen. Daraus folgert Bitkom: „In deutschen Firmen steigen die Anforderungen für die Einhaltung aller Datenschutz-Anforderungen stetig.“

Verlangsamte Innovationserfolge

63 Prozent der an der Umfrage Beteiligten haben sich darüber beklagt, dass wichtig Innovationen auf der Strecke geblieben sind, da die immer strenger werdenden Bestimmungen des Datenschutzes bremsende Wirkung entfalten. Demzufolge sehen 70 Prozent im Datenschutz einen Hemmschuh für die Digitalisierung – etwa an Schulen. Darüber hinaus waren sich zwei Drittel der Umfrageteilnehmer darin einig, dass es Deutschland offenbar mit dem Datenschutz übertreibe. Und dass dadurch ein echter Wettbewerbsnachteil gegenüber der internationalen Konkurrenz entstünde.

Rechtsunsicherheit hemmt Innovationen

Ein Grund für die zu hohen Anforderungen wird sehr häufig angeführt, dass Datenschutz-Projekte quasi nie abgeschlossen werden könnten, da permanent gesetzlich nachgelegt und verfeinert wird. Von ihnen beklagt die Mehrzahl ständig neue Datenschutzprüfungen, Rechtsunsicherheit, zu hohe Anforderungen sowie eine uneinheitliche Auslegung der EU-Regularien. Wann immer die IT und die Prozesse im Unternehmen angepasst werden müssen, bindet dies wichtige Ressourcen, die etwa aufgrund des Fachkräftemangels an anderen Stellen fehlten. Außerdem werden generell die hohen Kosten beklagt.

DSGVO bremst und benachteiligt

Die Ergebnisse der aktuellen Befragung durch Bitkom kommen einer generellen Abrechnung durch die Unternehmen gleich: Für 77 Prozent der Befragten verkompliziert der Datenschutz die Geschäftsprozesse. 64 Prozent halten die Datenschutzbehörden für zu streng. Interessant ist folgende Feststellung: 62 Prozent glauben, dass deutsche Betriebe bei der Verwirklichung des Datenschutzes aus Angst vor Verstößen überziehen. Über die Hälfte hält den Datenschutz für einen Standortnachteil. Positiv wird von 70 Prozent jedoch angemerkt, dass die DSGVO für mehr Datensicherheit im eigenen Unternehmen sorge. Dennoch befürworten zwei Drittel (63 Prozent) eine Lockerung des Datenschutzes. Ganze 90 Prozent möchten eine Reform der Datenschutz-Aufsicht. Susanne Dehmel, Mitglied der Bitkom-Geschäftsleitung, kommt zu dem Schluss: „Das ist für ein Gesetzeswerk in so einem zentralen Bereich keine gute Bilanz.“ Die Unternehmen wünschen sich demnach eine ernste Auseinandersetzung der Politik mit dem Datenschutz und seiner Umsetzung in der Wirtschaft.

Datenschutzverstöße gehören zum Unternehmensalltag

Auch wenn 70 Prozent der befragten Firmen abgegeben habe, sie hätten den Datenschutz weitgehendst umgesetzt, berichten 20 Prozent der Entscheider, dass es im vergangenen Jahr zu Verstößen kam. Von diesen haben wiederum 65 Prozent den erkannten Verstoß der Aufsicht gemeldet. Die Folgen wurden von elf Prozent dieser Firmen als sehr schwerwiegend bezeichnet. Dies betraf den organisatorischen Aufwand und Bußgelder, zudem hatten 14 Prozent der Unternehmen wegen Verstößen gegen den Datenschutz Kunden eingebüßt und einen Imageschaden erlitten. Für sie hatte der strenge Datenschutz schwerwiegende wirtschaftliche Einbußen zur Folge.

Kann künstliche Intelligenz einen Ausweg ermöglichen?

Viele Unternehmen experimentieren bereits mit KI-Konzepten und sehen dadurch auch neue Möglichkeiten in puncto Datenschutz gegeben. So wollen knapp die Hälfte der Befragten (48 Prozent) dem hohen Datenschutz-Aufwand mit KI begegnen. Zum Beispiel könnten Chatbots Datenschutzanfragen von Mitarbeitern beantworten. Auch wäre KI in der Lage, Verstöße schnell zu identifizieren. 46 Prozent der Unternehmen denken indes nicht über einen KI-Einsatz für den Datenschutz nach. Doch auch die künstliche Intelligenz selbst wird von 68 Prozent der Unternehmen als Herausforderung für den Datenschutz erkannt. Dieser könnte KI-Anwendungen unmöglich machen und Firmen aus der EU vertreiben, die solche Anwendungen entwickeln. Denn auch KI-Systeme unterliegen der DSGVO, wenngleich die Datenschützer derzeit selbst noch damit beschäftigt sind, das bestehende Datenschutzrecht um die KI-Aspekte zu erweitern.

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