Datenschützer haben grundsätzlich ihre Zustimmung zu den „Pur-Abo-Modellen“ gegeben
Bereits seit 2019 bemühen sich Verlage darum, mit „Pur-Abo“-Modellen neue Einnahmen aus dem Vertrieb zu erzielen. Bei diesen Abonnements gibt es jedoch keinen zusätzlichen oder hochwertigeren Inhalt. Der Abonnent zahlt lediglich eine Gebühr, um nicht mehr beim Konsum der Inhalte verfolgt zu werden. In den letzten Monaten haben Datenschützer diese Praxis misstrauisch beobachtet.
Erneut hat das Europäische Zentrum für digitale Rechte (noyb), das von Max Schrems gegründet wurde, für Aufsehen gesorgt, indem es die Praxis der „Pur-Abo“-Modelle kritisch hinterfragt hat. Dieses Abonnementmodell wurde erstmals in Österreich eingeführt, und im Jahr 2019 war die österreichische Tageszeitung „Der Standard“ das erste Medienunternehmen, das seinen Nutzern das brandneue „Pur-Abo“ angeboten hat. Die Idee dahinter ist, dass normale Nutzer für den Zugriff auf kostenlose Inhalte durch Zustimmung zur Verfolgung zu Werbezwecken bezahlen, während Pur-Abonnenten durch die Zahlung einer Abo-Gebühr sowohl von der Verfolgung als auch von gezielter Werbung befreit sind. Viele Verlage in der DACH-Region (Deutschland, Österreich, Schweiz) haben die Entwicklung von Anfang an mit Spannung verfolgt und planten, in den kommenden Jahren ihre eigenen Pur-Abo-Modelle einzuführen.
Datenschutzexperten hegen Bedenken gegenüber dem Versprechen des „Non-Tracking“
Als erste kritisierte die Datenschutzorganisation noyb die Praxis von „Pay or Okay“. Einerseits stellten die Experten von noyb die Frage, ob es rechtlich vertretbar ist, für die Wahrung eines Grundrechts bezahlen zu müssen. Noch größeres Unbehagen löste bei ihnen jedoch der exorbitant hohe Preis aus. Mit einer jährlichen Pur-Abo-Gebühr von 96 Euro erweist sich das Geschäft mit der Gewährung von Grundrechten gegen Bezahlung als äußerst lukrativ.
Die österreichische Datenschutzbehörde hat das Modell grundsätzlich befürwortet, fordert jedoch, dass Nutzer ihre Zustimmung oder Ablehnung für jede Datenverarbeitung einzeln geben können. Nach Ansicht von noyb bleibt jedoch unklar, wie dies umgesetzt werden soll. Max Schrems äußerte sich dazu wie folgt: „Es ist unklar, wie die Entscheidung umgesetzt werden soll. Sollen wir jetzt für jedes von hunderten Cookies ein einzelnes Abonnement für ein paar Cent abschließen? Es könnte sein, dass diese Entscheidung das Modell ‚Pay or Okay‘ generell unmöglich macht.“
DSK fordert partielle Einwilligungen
Die deutsche Datenschutzkonferenz (DSK), bestehend aus den unabhängigen Datenschutzbehörden des Bundes und der Länder, hat Pur-Abonnements unter der Bedingung einer granularen Einwilligung als rechtens gemäß der Datenschutz-Grundverordnung (DSGVO) bewertet. In ihrer Bewertung wird festgestellt:
„Grundsätzlich kann die Nachverfolgung des Nutzendenverhaltens (Tracking) auf eine Einwilligung gestützt werden, wenn alternativ ein trackingfreies Modell angeboten wird, auch wenn dies bezahlpflichtig ist. Die Leistung, die Nutzende bei einem Bezahlmodell erhalten, muss jedoch (...) eine gleichwertige Alternative zu der Leistung darstellen, die diese durch eine Einwilligung erlangen.“
(aus: Beschluss der Konferenz der unabhängigen Datenschutzaufsichtsbehörden des Bundes und der Länder vom 22. März 2023: Bewertung von Pur-Abo-Modellen auf Websites)
Trotzdem finden auch die Datenschützer aus Deutschland, dass diejenigen Nutzer, die von einem Abo absehen, unzureichend berücksichtigt werden.
„Dies bedeutet unter anderem, dass Nutzende die Möglichkeit haben müssen, die einzelnen Zwecke, zu denen eine Einwilligung eingeholt werden soll, selbst und aktiv auswählen zu können (Opt-in). Nur wenn Zwecke in einem sehr engen Zusammenhang stehen, kann eine Bündelung von Zwecken in Betracht kommen. Eine pauschale Gesamteinwilligung in insoweit verschiedene Zwecke kann nicht wirksam erteilt werden“.
Das bedeutet konkret, dass die Verlage nun verschiedene Einwilligungen einholen müssen, beispielsweise getrennte Einwilligungen für gezielte Werbung, Nutzerverhaltensanalysen oder Plug-ins, die zu Social-Media-Angeboten führen. Eine allgemeine Einwilligung für umfassendes Tracking betrachten die Datenschützer als problematisch. Sie sehen darin eine ernsthafte Beeinträchtigung der Datenschutzrechte für Nutzer, die entweder nicht bereit oder in der Lage sind, für umfassenden Datenschutz zu bezahlen.
Fazit: Vorerst scheinen die Pur-Abo-Modelle grünes Licht im Hinblick auf den Datenschutz erhalten zu haben. Dennoch sind in Österreich und Deutschland Gerichtsurteile zu dieser sensiblen Thematik zu erwarten.
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