Datenschutzwissen

„Kiffer-Listen“ widersprechen Datenschutz-Grundsätzen

Datenschützer warnen vor „albtraumhaften Zuständen“ bei der Erfassung von Mitgliederdaten der Cannabis-Anbauvereinigungen. Aber das Gesetz beinhaltet die exakte Erfassung betroffener Betriebe.

Hanfbauern unter strenger Beobachtung

Neben der partiellen Legalisierung von Hanfprodukten zum Verzehr beinhaltet das Cannabisgesetz (CanG) auch etliche Punkte, die den Schutz der Jugend betreffen. So steht es unter anderem auf der Webseite des Bundesgesundheitsministeriums. Auch soll der Überwachungsdruck gelockert werden. Doch statt Staatstrojanern und dem großen Lauschangriff droht neues Ungemach. Denn die „Regelungen zum Eigenanbau in Anbauvereinigungen“, die am 1. Juli in Kraft treten, sollen auch ein Datensammeln nie gekannten Ausmaßes umfassen, und das lässt sich so gar nicht mit den Grundgedanken des Datenschutzes unter einen Hut bringen.

Zwar ist die „Anbauvereinigung“ die im Gesetz definierte Organisations-Struktur für den Anbau zum Eigenkonsum und limitierten Handel von Hanferzeugnissen. Man muss zum Beitritt volljährig und darf nur in einer solchen Gemeinschaft Mitglied sein. Diese ist auf 500 Mitglieder beschränkt und strengen gesetzliche Vorschriften unterworfen, um dem Kinder- und Jugendschutz Genüge zu tun. Dies war einer der wichtigsten Streitpunkte auf dem steinigen Weg zum CanG.

Behörden haben Zugriff auf viele personenbezogene Daten

Es gibt sehr viele Auflagen von staatlicher Seite, die von den Anbaugemeinschaften erfüllt werden müssen, strenge Kontrollen und lange Datenspeicherung sensibler Dateien inklusive. Dazu gehören etwa die Mitgliedernamen, ihr Geburtsjahr und die Anschrift, außerdem die von ihnen abgegebene Cannabismenge mit Datum und THC-Gehalt. Die vom Gesetzgeber geforderte Dokumentations- und Berichtspflichten haben in der Szene bereits eine unrühmliche Bekanntheit als „Kiffer-Listen“ erlangt. Genau mit diesen Pflichten haben sich nun Datenschützer eingehend beschäftigt und wittern großen Nachbesserungsbedarf.

Hauptargument: Sind die Listen einmal erfasst, droht die Gefahr, dass via Amtshilfe auch Behörden Einblick nehmen könnten, die mit dem CanG gar nichts zu tun haben. Diese dürfen künftig nicht nur die von den Anbaugemeinschaften erhobenen sensiblen Mitgliederdaten einsehen, kopieren und zwei Jahre speichern – auch die Weitergabe an andere Behörden ist erlaubt, wenn sich dadurch Straftaten und Ordnungswidrigkeiten aufklären lassen. Wie Bürgerrechtler und Juristen anführen, sind dafür nicht einmal ein Anfangsverdacht oder ein richterlicher Vorbehalt vonnöten. Dem Missbrauch seien damit Tür und Tor geöffnet – für Datenschützer droht zudem das Schreckensszenario, dass Unternehmen oder Versicherungen auf Umwegen an diese Daten kommen könnten.

Anbau-Vertreter: Gras-Konsumenten wollen lieber anonym bleiben

Wann immer der Gesetzgeber mithören und -lesen will, steigen viele Betroffene lieber aus, so offenbar auch Menschen, die nun eigentlich kiffen dürften. Steffen Geyer vom Dachverband deutscher Cannabis Social Clubs (CSC) lässt sich von den Medien dahingehend zitieren, dass die „Datensammelei“ für viele potenzielle Gras-Konsumenten wohl ein rotes Tuch sei und diese daher lieber einen Bogen um die Mitgliedschaft in einer Anbauvereinigung machen würden.

Das sind schwierige Bedingungen für dieses noch junge Gewerbe. Auch Georg Wurth vom Deutschen Hanfverband erkennt eine repressive Ausgangslage der Cannabis-Legalisierung: „Das ist ein erhebliches Datenschutzproblem und wird die Akzeptanz von Anbauvereinen schwächen.“ Seinen Worten nach hätten Millionen Hanfkonsumenten „staatliche Verfolgung erlebt“ und könnten nun nicht dazu bewegt werden, staatlichen Behörden ihre persönlichen Daten zum Cannabisverbrauch „auf dem Silbertablett (zu) servieren“.

Staatliche Repressionen angeprangert

In der aktuellen Diskussion kommt es immer wieder zu Vergleichen mit der staatlichen Durchgriffs-Politik während der Corona-Pandemie. Bekannt ist der Szene, dass 2020 auch Behörden der Strafverfolgung auf Gästelisten zugriffen, die eigentlich allein die Nachverfolgung von Corona-Infektionsketten unterstützen sollten. Noch bevor die zweite Stufe des CanG gezündet ist, laufen sich nun Juristen warm, die in puncto „Kiffer-Listen“ seine Unvereinbarkeit mit der DSGVO bemängeln. Das sorgt schon für juristischen Ärger, noch bevor die „Cannabis-Wirtschaft“ dieses neue Business-Modell tatsächlich startet.

Zurück

Hier bloggt Ihre Redaktion.