Datenschutzwissen

Keine Angabe des Geschlechts beim Ticketkauf

Was gehört beim Ticketkauf zu den Pflichtangaben? Gerade hat sich der EuGH mit der Frage beschäftigt, ob Anbieter von Fahrkarten berechtigt sind, beim Buchungs- oder Kaufprozess abzufragen, ob „eine Dame oder ein Herr“ das Ticket erstehen will. Aus Datenschutzsicht ist eine verpflichtende Angabe des Geschlechts unzulässig, sodass viele Unternehmen des ÖPNV vermutlich nachbessern müssen.

Mitunter entsteht der Eindruck, dass trotz der aktuellen Herausforderungen in den EU-Staaten noch viel Zeit für scheinbar weniger wichtige Themen bleibt. So hat der Europäische Gerichtshof (EuGH) in einem aktuellen Urteil (C-394/23) sich mit der Fragestellung beschäftigt, ob diejenigen, die für eine geplante Reise ein Zugticket erstehen wollen, vom ticketverkaufenden Unternehmen dazu verpflichtet werden dürfen, beim Buchungsvorgang eine Angabe zu ihrem Geschlecht zu machen. Die Richter des EuGH votierten für ein ganz klares Nein bezüglich der Angabe des Geschlechts beim Ticketkauf.

Das mangelnde Erfordernis einer Unterscheidung der Geschlechter der Erwerber für den Kauf wird in der Begründung der Richter erläutert. Weiter wird begründet, dass „die Verarbeitung personenbezogener Daten hinsichtlich der Anrede der Kunden eines Transportunternehmens, die darauf abzielt, die geschäftliche Kommunikation aufgrund ihrer Geschlechtsidentität zu personalisieren, weder objektiv unerlässlich noch wesentlich für die ordnungsgemäße Erfüllung eines Vertrags erscheint und daher nicht als für die Erfüllung dieses Vertrags erforderlich angesehen werden kann“. Mit einfachen Worten: Es ist nach Ansicht der Richter vollkommen zweitrangig, ob Männlein oder Weiblein die Fahrkarte erstehen.

Klage eines französischen Verbands

Dass die EU-Richter den Fall auf den Tisch bekamen, geht auf eine Klage des Verbands Mousse zurück, der sich in Frankreich gegen sexuelle Diskriminierung wendet. In einer Erklärung hatten die Verbandsjuristen bemängelt, dass die französische Staatsbahn SNCF beim Online-Kauf von Tickets systematisch die Angabe einer Anrede verlangt – wie es im Prinzip vermutlich alle großen Mobilitäts-Unternehmen der europäischen Verkehrs-Branche praktizieren. SNCF Connect verkauft online über seine Website und seine Apps Bahnfahrkarten, wie Zugtickets, Abonnements und Rabattkarten. Beim Online-Kauf dieser Fahrkarten über diese Website und Apps müssen die Kunden des Unternehmens ihre Anrede angeben, indem sie „Herr“ oder „Frau“ ankreuzen. Das sei so mit dem Schutz personenbezogener Daten, wie er in der DSGVO definiert ist, unvereinbar.

Nur relevante Daten sind zu erfassen

Dem stimmten die Richter zu: Die Pflicht zur Datenminimierung beinhalte das Postulat, dass nur Daten erhoben werden dürfen, die für den Prozess zwingend erforderlich sind. Die Anrede – sei es „Herr“ oder „Frau“ – sei jedoch nicht notwendig für die Vertragserfüllung. Stattdessen schlugen die Luxemburger Richter vor, dass Eisenbahnunternehmen auf eine „neutrale und inklusive Höflichkeitsformel“ zurückgreifen könnten, um den Datenschutz weniger stark zu beeinträchtigen. Ferner werde nach Ansicht der Richter den Kunden an keiner Stelle erläutert, zu welchem Zweck eine Anrede beim Ticketkauf nötig ist. Der EuGH stimmte dieser Einschätzung weitgehend zu: Gemäß dem Grundsatz der Datenminimierung dürfen nur solche Informationen erhoben werden, die unbedingt erforderlich sind.

Es bleibt abzuwarten, ob sich das Urteil unter den ÖPNV-Unternehmen Europas herumspricht und die Betriebe reagieren. Die Deutsche Bahn ist schon einen Schritt weiter. Hier kann beim Ticketkauf eine „neutrale Anrede“ gewählt werden, damit ist zumindest der Vorwurf der Diskriminierung ausgeräumt. Bleibt abzuwarten, ob auch hierzulande bald Tickets grundsätzlich ohne die Angabe des Geschlechts des Käufers oder der Käuferin verkauft werden – und welche anderen Ticket-Arten eventuell künftig durch das Urteil auch noch betroffen sein werden.

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