Es bahnt sich eine Chatkontrolle für Messenger-Dienste in der EU an
Derzeit stellt Belgien die EU-Ratspräsidentschaft und macht gleich mit einem spektakulären Vorhaben von sich reden. WhatsApp und andere Messenger-Dienste sollen zu einer Chatkontrolle verpflichtet werden, bei der sie Einblick in versendete Nachrichten und Fotos erhalten oder aus vermeintlichen Sicherheitsgründen gar unterbinden, dass man sie zum Verschicken von Bildern und Videos nutzt. Aus der deutschen Politik ist Widerstand zu vernehmen, denn hier wird eine massive Grundrechtsbeschneidung befürchtet.
Die Gegner formieren sich
Im Entwurf geht es darum, Kinder vor Missbrauch zu schützen und die Verbreitung fragwürdiger Bild- und Filminhalte zu unterbinden. Dieses an sich wichtige Anliegen stößt aber direkt an die Grenzen des Rechts auf anonyme und pseudonyme Nutzung des Internets. So steht es auch in einem offenen Brief, den namhafte Politiker, wie Marie-Agnes Strack-Zimmerman (FDP), Konstantin von Notz (Grüne) und weitere 34 Europaabgeordnete, unterzeichnet haben. Die Initiative will verhindern, dass eine Massenüberwachung stattfindet, wie sie 2022 schon einmal von der EU-Kommission vorgeschlagen wurde. Seinerzeit ging es um die Verpflichtung von Facebook zu umfassenden Kontrollen, so wurde erstmalig der Begriff „Chatkontrolle“ kreiert.
Rechtlich äußerst bedenkliche Eingriffe
Im Entwurf ist vorgesehen, dass User die Überwachung des eigenen Smartphones ablehnen können. In der Praxis hieße das jedoch: Wer die Chatkontrolle ablehnt, dürfte in Zukunft keine Fotos und Videoclips mehr versenden, wenn es nach dem Willen der Initiatoren ginge. Im anderen Fall gäbe man seine Zustimmung, dass der Betreiber des Messenger-Dienstes ohne Anlass die Chats scannen und mitlesen darf. Für die EU-Verantwortlichen, die mit der DSGVO ein weltweit vorbildliches Regelungswerk für den Datenschutz geschaffen zu haben glauben, dürfte die aktuell heiß diskutierte Chatkontrolle ein datenschutzrechtlicher Albtraum sein. Im unterzeichneten Schreiben werden nicht nur Datenschutzbedenken geäußert, sondern es ist von einer massiven Beschneidung der Grundrechte die Rede.
Bisher keine Einigung absehbar
Einen drastischen Vergleich hat Marco Buschmann, FDP-Bundesjustizminister artikuliert, indem er die Verlaufkontrolle der Chats damit vergleicht, als müsse man ein privates Album mit Urlaubsfotos zunächst staatlich überprüfen lassen, bevor man es Freunden präsentiert. Niemand würde eine solche Maßnahme verstehen. Beobachter, die den Erfolg früherer Entwürfe in dieser Richtung beurteilen können, räumen dem jüngsten Vorschlag deshalb eher geringe Chancen ein. Eine baldige Abstimmung dazu ist auf jeden Fall in den nächsten Monaten nicht vorgesehen.
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