Datenschutzwissen

Die neue Bundesregierung plant Rückkehr zur Vorratsdatenspeicherung nach EU-Vorgaben

Im aktuellen Koalitionsvertrag der neuen Regierung wurde in den 162 Seiten, die der Vertrag umfasst und den über 250 Vertreter der Regierungsparteien ausgehandelt haben, auch ein Passus zur Vorratsdatenspeicherung formuliert.

Grundsätzliches zur Vorratsdatenspeicherung

Bereits vor sieben Jahren hatte sich das Verwaltungsgericht Köln mit dem Thema Vorratsdatenspeicherung befasst. Damals wurde festgestellt, dass die Speicherung von Daten, die Aufschluss über Standorte und Kommunikationsprofile geben, grundsätzlich ohne einen entsprechenden Anlass nicht mit dem EU-Recht vereinbar ist. 2022 urteilte der Europäische Gerichtshof (EuGH) in einer Grundsatzentscheidung im gleichen Sinn. In Deutschland wird diese Speichermethode demzufolge seit Jahren nicht angewendet. Konkret geht es dabei um sogenannte Verkehrsdaten zu Kommunikationsverbindungen. Also um die Speicherung von Informationen zu Gesprächszeitpunkten, der Dauer von Gesprächen und über welchen Telekommunikationsanbieter sie erfolgten, mit dem Ziel, sie den Behörden zur Verfügung zu stellen.

In der aktuellen Debatte geht es nicht um die Vorratsdatenspeicherung generell, sondern vielmehr um das Erfassen und Speichern betroffener IP-Adressen (IP steht für Internetprotokoll). Auch auf dieser Plattform wurde immer wieder darauf hingewiesen, dass mangels vorweisbarer IP-Adressen die Aufklärung der Identität von Tätern, beispielsweise in den Bereichen Kindesmissbrauch und Kinderpornografie in Deutschland erschwert wird und die Behörden auf die Hilfe von Diensten aus den USA angewiesen sind. Im Kern geht es also um die Fragestellung, ob der Schutz personenbezogener Daten potenzieller Straftäter als wichtiger anzusehen ist, als der Schutz von Kindern vor Kriminellen.

Speicherung verdächtiger IP-Adressen darf erfolgen

Nun ist also im Koalitionsvertrag im entsprechenden Kapitel zu lesen, dass sowohl die Union, als auch die SPD sich darin einig sind, dass in diesem Bereich künftig neues Recht zur Anwendung kommt. Wörtlich wurde definiert: „Wir führen eine verhältnismäßige und europa- und verfassungsrechtskonforme dreimonatige Speicherpflicht für IP-Adressen und Portnummern ein.“

Bereits in der vergangenen Ampel-Koalition war es sehr lange ein Streit-Thema zwischen den Regierungsparteien. Dabei betonten die Befürworter einer Vorratsdatenspeicherung stets, dass die effektive Bekämpfung von Straftaten wichtiger sei, als der umfassende Schutz personenbezogener Daten vor staatlichem Zugriff. Die Gegenpartei wiederum führte an, dass die Vorratsdatenspeicherung einen massiven Eingriff in die Grundrechte der Bürger darstelle.

Damals hatte der Europäische Gerichtshof die Vorratsdatenspeicherung als mit europäischem Recht unvereinbar angesehen. Allerdings galt und gilt dies nicht für die Speicherung von IP-Adressen. Diese, so das damalige Urteil der Richter, sei auch ohne Anlass und flächendeckend rechtens. Allerdings wurde von diesem Recht in Deutschland bisher nie Gebrauch gemacht.

Ermittlungsbehörden befürworten eine Neuregelung

Lediglich Endgeräte lassen sich über IP-Adressen zuordnen. Und über die Identifikation von Anschlüssen lassen sich natürlich auch Personen ausfindig machen, die diese Endgeräte nutzen. Mit der angekündigten IP-Vorratsdatenspeicherung über drei Monate können nun nach Angaben des BKA-Chefs Holger Münch terroristische Straftaten und sexualisierte Gewalt gegen Kinder mit einer „deutlich höheren“ Erfolgsquote aufgeklärt werden. Gegenüber dem Redaktionsnetzwerk Deutschland gab Münch zu: Etwa ein Viertel „der strafrechtlich relevanten Fälle im Zusammenhang mit der Verbreitung von Kinderpornografie konnten wir 2022 nicht weiterverfolgen, weil die IP-Adressen nicht mehr vorhanden waren und sie den einzigen Ermittlungsansatz darstellten“. Der BKA-Behördenleiter kann also davon ausgehen, künftig exakter, schneller und flächendeckender ermitteln zu können.

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