Deutsche Unternehmen empfinden DSGVO als Hemmschuh
Erst kürzlich feierte die Datenschutzgrundverordnung den fünften Jahrestag ihrer Einführung. Fünf Jahre sollten, so glaubten die Gesetzgeber, ausreichen, damit die Unternehmen die Verordnung umsetzen und akzeptieren.
Der Digitalverband Bitkom holt seit Mai 2018 in Umfragen regelmäßig Stimmen aus der Wirtschaft ein, die auch mit fortschreitender Entwicklung ein eher gegenteiliges Bild zeichnen. Die aktuelle Bitkom-Umfrage gipfelt in dem bedenklichen Resümee: „Die europäische Datenschutz-Grundverordnung hemmt in großen Teilen der deutschen Wirtschaft Innovationen und wird als Hindernis für Wachstum und Wohlstand in der digitalen Welt wahrgenommen.“ Ein äußerst bitteres Urteil für die Verfasser der Grundverordnung, die mit der DSGVO ein weltweit beachtetes Konzept für den Datenschutz entwickelt haben.
Datenschutz torpediert Innovationsgeist
Bei der Erhebung hatte Bitkom über 600 Firmen mit Sitz in Deutschland telefonisch befragt, die mindestens 20 Beschäftigte haben. Damit ist ein für die Gesamtwirtschaft repräsentatives Spektrum abgedeckt. Bitkom konfrontierte die Angerufenen mit zwei Fragekomplexen: „Inwieweit treffen folgende Aussagen zum Thema Datenpolitik aus Sicht Ihres Unternehmens zu bzw. nicht zu?“ sowie „Haben Sie in Ihrem Unternehmen schon einmal Pläne für Innovationen in Zusammenhang mit der Nutzung von Daten wegen rechtlicher Vorgaben oder Unsicherheiten gestoppt?“. Die Antworten lassen wenig Raum für Interpretationen. So gaben sechs von zehn Unternehmen (62 Prozent) an, aus Angst vor Verstößen gegen den Datenschutz ihre Datennutzung einzuschränken. Über die Hälfte der telefonisch Interviewten gaben an, dass sie durch Unsicherheit oder datenschutzrechtliche Vorgaben von guten Ideen Abstand nehmen mussten. Bei 20 Prozent ist die bereits häufiger vorgekommen.
Ist die DSGVO ein Jobkiller?
Offenbar sehen die Unternehmen die DSGVO als echte Blockade: Für 58 Prozent sind dadurch Chancen auf Wachstum gefährdet. 63 Prozent finden, dass in Deutschland keine innovativen Geschäftsmodelle mehr möglich sind, die auf Datennutzung beruhen. Bitkom-Präsident Achim Berg lobt anlässlich des fünfjährigen Jubiläums der Datenschutz-Grundverordnung das einheitliche Datenschutzrecht der EU als „großartiges Projekt“, wird dann aber deutlich:
„Die DSGVO hat ihr Versprechen, für europaweit einheitliche, verständliche und praxistaugliche Datenschutz-Regeln zu sorgen, nicht eingelöst. Stattdessen führt die von jeder nationalen und regionalen Aufsicht eigenständige Interpretation der Regeln zu Rechtsunsicherheit. Viele Unternehmen verzichten deshalb auf die Entwicklung neuer Technologien und Dienste – oder verlagern ihre Projekte ins Ausland.“
Bitkom äußert Ideen zur Besserung
Neben den Ergebnissen der Befragung hat Bitkom auch gleich Vorschläge dazu gemacht, die Missstände in den Griff zu bekommen. Bitkom wünscht sich statt der 18 unabhängigen Datenschutz-Beauftragten der Bundesländer eine vereinheitlichte Datenschutz-Aufsicht. Weiterhin soll sich der Datenschutz nicht an theoretischen Risiken orientieren, sondern an realen Gefahren. Hier wird auf den derzeit diskutierten Beschäftigtendatenschutz verwiesen – ein Thema, das auch auf dieser Plattform informativ begleitet wird. Darüber hinaus wünscht sich der Branchenverband, dass die Landesdatenschützer künftig nicht nur Tadel aussprechen und Bußgelder verhängen, sondern auch aktive Umsetzungsangebote machen.
Hier bloggt Ihre Redaktion.